Bücherverbrennung und Vergnügungsterror
Bei der Erstveröffentlichung des Romans FAHRENHEIT 451 im Jahr 1953 beschrieb Ray Bradbury Zukunft. Wenn wir das Buch zu Beginn des 21. Jahrhunderts lesen, konstatieren wir, dass sich viele der technischen Voraussagen erfüllt haben und Alltag geworden sind: Flachbildschirme, Kopfhörer, Medizintechnik, elektronische Tiere (in Spielzeug-Variante). Diese Dinge gebrauchen wir heute ganz selbstverständlich, von Science Fiction keine Spur. Das einstige Kultbuch hat inzwischen eine dicke Schicht Vergangenheit angesetzt, was möglicherweise kaum auffällt, weil immer seltener gelesen wird.
In dem beschriebenen Staat sind Bücher verboten. Es herrscht eine verkehrte Welt, in der die Feuerwehr nicht eingesetzt wird, um Brände zu löschen. Vielmehr hat sie das Vernichten von Büchern übernommen. Jedes Buch ist verdächtig. Jeder Leser wird als gefährliches, weil subversives Element angesehen in einer normierten Gesellschaft. Selbst der Besitz von Büchern ist strafbar. Denken und Handeln der Menschen sollen vollständig kontrolliert werden. Bücherlesen gilt als unkalkulierbares Sicherheitsrisiko. Feuerwehrhauptmann Beatty erklärt es folgendermaßen: „Wir müssen alle gleich sein. Nicht frei und gleich geboren, wie es in der Verfassung heißt, sondern gleich gemacht. Jeder ein Abklatsch des andern, dann sind alle glücklich, dann gibt es nichts Überragendes mehr, vor dem man den Kopf einziehen müsste, nichts, an dem man sich messen müsste! Ein Buch im Haus nebenan ist wie eine scharf geladene Waffe.“
Zwar stellt die Feuerwehr in diesem Staatsgefüge eine allmächtige Instanz dar, dennoch fehlen totalitäre Machtstrukturen, die das Leben der Menschen bestimmen und beschneiden. Es ist nicht der Staat, der „von oben“ die Gleichschaltung lenkt. Paradoxerweise führt der freiwillige Rückzug ins Private dazu, dass jede Individualität und private Freiheit verschwinden. FAHRENHEIT 451 beschreibt nicht nur den Schrecken der Bücherverbrennung, sondern auch den Terror von totalem Entertainment und Dauerbespaßung.
Der Autor setzt das Genre ein zur Gesellschaftskritik. Er handelt sich also nicht um technologisch orientierte Science Fiction. In faszinierenden und merkwürdigen Episoden entsteht eine sarkastische Satire zwischen Idylle und Alptraum, die die Verlorenheit des Individuums in einer technisch perfektionierten Welt beschreibt.
Termine:
13.07.2015 10:30 - 14.07.2015 00:00
13.07.2015 19:30 - 14.07.2015 00:00
14.07.2015 10:30 - 15.07.2015 00:00
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Fahrenheit 451 in München
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